Lesung mit Zafer Şenocak (Berlin) im Rahmen der Vortragsreihe „10 Jahre TürkeiEuropaZentrum Hamburg“
Termin: 19.12.2018, 18.00 Uhr c.t.
Ort: Hörsaal 221 (AAI, Edmund-Siemers-Allee 1, Ost)
In Kooperation mit
Die Erfahrung von Fremdheit, die Begegnung mit unterschiedlichen
Nationalitäten und widersprüchlichen Lebensentwürfen löst häufig Abwehr
und Furcht aus. Wo Abgrenzung die Kommunikation ersetzt, ist – auch in
Deutschland – der gesellschaftliche Zusammenhalt in Gefahr. Der
Schriftsteller und Publizist Zafer Şenocak setzt gegen diese Angst eine
bewusste, biografische Auseinandersetzung mit dem Fremden in uns selbst.
Als Kind türkischer Mittelschichtseltern, die in Deutschland leben,
wächst Şenocak mit den Sprachen, Literaturen, Ritualen und Geschichten
zweier Länder auf. Eindeutige Identitätsangebote machen beide Kulturen
nicht, weder die deutsche, in der er »der Türke« bleibt, noch die
türkische: Şenocak erlebt durch seine politisch engagierte Mutter eine
weltlich-moderne Intellektualität. Sein Vater dagegen verkörpert einen
zwar kritischen, aber zutiefst spirituellen Islam, die Welt der Poesie
und der Liebe zur Sprache. Pole, zwischen denen die türkische
Gesellschaft weiterhin changiert. Zafer Şenocak beglaubigt mit seiner
Person, dass aus solcher Vielfalt eine in sich heile, gefestigte
Identität erwachsen kann. Zugleich fragt er wei-ter, was diese
Beschäftigung mit den eigenen Herkunftsgeschichten zu einem
differenzierten Bild von Integration beitragen kann. Şenocak begreift
Diversität als menschliche Grunderfahrung, die man sich bewusst machen
und akzeptieren muss, um zu einem modernen, partizipativen Verständnis
von Gesellschaft zu gelangen. (Körber Stiftung)
Über den Autor: Zafer Şenocak wurde in Ankara als Sohn eines Verlegers
und einer Lehrerin geboren. Er wuchs in Istanbul und ab 1970 in München
auf, wo er auch Germanistik, Politikwissenschaft und Philosophie
studierte. Seit seinem Debüt 1983 veröffentlichte er über 20 Bände mit
Lyrik, Prosa und Essays, die ins Englische, Französische, Italienische,
Tschechische, Spanische und Türkische übersetzt wurden. 2011 erschien in
der Edition Körber »Deutschsein. Eine Aufklärungsschrift«, 2014 »In
deinen Worten: Mutmaßungen über den Glauben meines Vaters« und »Das
Fremde, das in jedem wohnt« 2018 ebenfalls wieder in der Edition Körber.
Şenocak lebt seit 1989 in Berlin. Der Autor war „Writer in Residence“ in
den Vereinigten Staaten, unter andem im MIT/Cambridge und in Berkeley.